Archiv für den Monat Dezember 2014

Es tut weh – mal mehr – mal weniger (2)

Ich habe meine Tochter schon zweimal sterben sehen …

Was dieser Satz in mir auslöst,  kann ich nicht beschreiben,  da es so viel ist.

Das erste Mal wo ich dachte,  dass ich meine Tochter verliere,  war Januar 1993. Sie war gerade 5  Monate und etwas über eine Woche alt.  Sie war seit knapp 2 Wochen im Krankenhaus.  Der Ausschlag am gesamten Körper war bereits abgeheilt und die Ärzte wollten sich nun der fehlenden Gewichtszunahme und dem nicht-mehr-Wachsen annehmen.  Das Gewicht meiner 5Monate altenTochter war fast wieder das Geburtsgewicht. In dieser einen Nacht im Januar bekam sie starken Durchfall und Erbrechen.  Am Morgen hatte sie fast ein Kilo weniger als am Tag zuvor.  Ich kam morgens ins Krankenhaus ( der Vater und ich teilten und das Rooming In im Krankenhaus, weil ich ja noch einen Sohn hatte, um den wir uns kümmerten) … die zuständige Krankenschwester nahm uns gleich beiseite und berichtete uns von der Nacht. Sie sagte zu uns,  dass wir uns keine Sorgen machen und keinen Schreck bekommen sollen.  Im Zimmer lag meine Tochter ganz ruhig … ruhig wie schon seit Wochen. Nur ab und zu ein kleines Lächeln. 

Ich nahm mein Mädchen auf den Arm und sah ihr ins Gesicht.  Ausgemergelt. Haut überspann Knochen.  Mehr nicht. 
Ich hatte damals das Gefühl der Tod lacht mich an. Ich konnte sie nicht lange im Arm halten und gab sie an ihren Vater weiter mit den Worten :
“ Ich kann nicht , es tut mir leid. “

Petra20141212

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Es tut weh – mal mehr – mal weniger

Wie sehr es wehtut … das kann ich nicht beschreiben.  Gleich nach dem ersten Satz fließen meine Tränen.

Mitte 1990 entschied ich alleine für mich, dass ich noch ein Kind haben möchte. Mein damaliger Freund wollte keine eigenen Kinder und so trennten wir uns. Wir trennten uns ganze 14  Tage … es waren lange Tage.  Tage, in denen ich viel weinte und mein Sohn fragte,  warum wir alleine sind. Nach 14  Tagen hatte ich einen Entschluss gefasst. Ich wollte meinen Freund wieder zurück.  Ich ging zu ihm und sagte ihm das und er sagte:  Ja.
Ich legte meinen Wunsch auf weitere Kinder beiseite.  Ca. 1 Jahr später brachte ich dieses Thema wieder zur Sprache.  Und er sagte: Jetzt will ich  eigene Kinder. Ich war glücklich. Und mit jedem Monat, der verging ohne dass ich schwanger wurde,  wuchs meine Traurigkeit.  Letztendlich waren es nur 3  Monate des Wartens. Wir waren im Urlaub auf Gran Canaria und diese Entspannung im Urlaub brauchte ich anscheinend.  Ein paar Wochen später wusste ich, dass es geklappt hatte.  Der Geburtstermin war für den Sommer 1992 festgesetzt.  Von Anfang an war meine zweite Schwangerschaft nicht einfach.  Ich war 26/27 Jahre jung und es ging mir gefühlte 38 von 39 Wochen sauschlecht. So schlecht,  dass wir im 5. Monat schnell zum Standesamt „gerannt“ waren. Im Juli – nur 4 Tage vor dem errechneten Geburtstermin – kam meine erste Tochter … groß genug … schwer genug und mit viel blondem Flaum auf ihrem Köpfchen. Und weil sie blond war hat sie einen Namen,  den ich in meiner Bekanntschaft bei keiner anderen Frau bisher erlebt habe. Es war alles an ihr dran und es war alles ok … auf den ersten Blick. Wir waren glücklich. Und da mein Sohn schon über 6  Jahre auf Erden war … war dieses Baby wie etwas ganz neues. Ich habe mich sehr schnell wieder an alles, was mit einem Baby zu tun hat, gewöhnt. Und doch war es anders … es gibt wirklich groooooosse Unterschiede zwischen Jungs und Mädchen.

Ab dem dritten Lebensmonat wurde alles anders. Sie nahm nicht mehr zu, obwohl sie trank. Sie wuchs nicht mehr,  obwohl sie trank. Im 4.Monat bekam sie starken Ausschlag.  Als sie 5 Monate alt war, brachten wir sie ins Krankenhaus.  Das war um die Weihnachtszeit. Und das habe ich jedes Jahr um diese Zeit besonders häufig in meinen Gedanken.  Sie kam ins Krankenhaus und dort sollte sie fast 3 Monate bleiben.  Die Ärzte rätselten. Bis ein Oberarzt auf die Idee kam bestimmte Tests zu machen.  Und als unsere Tochter 6 Monate alt war , wussten wir,  warum ihr Zustand so ist.  Diagnose Mukoviszidose. 

?

Was ist das?  Wir hatten noch nie etwas davon gehört.  Also sind wir damals in Bibliotheken gegangen und haben Bücher darüber gelesen.  Anfangs war mir die Tragweite nicht bewusst.  Die Tragweite dieser Krankheit. 
Ein Gendefekt.
Unheilbar.
Was es heisst mit dieser Krankheit zu leben … das weiß ich nur als Mutter.

Und jetzt kann ich nicht weiter schreiben … vielleicht ein anderes Mal.

Petra20141211